Lebensfreude entsteht durch Frieden, der nicht statisch, sondern dynamisch ist. – Henry Miller
20 JavaServer Pages und Servlets
20.1 Dynamisch generierte Webseiten 

In der ersten Generation von Internet-Seiten war jede Seite statisch auf dem Webserver abgelegt. Unterschiedliche Clients (im Allgemeinen Browser) erfragten die Seite und stellten sie dar. Dies reichte jedoch für viele Anwendungen nicht aus und schränkte die Interaktionsfähigkeit ein. Es gibt mehrere gute Gründe, warum Webinhalte dynamisch generiert werden sollten:
- Die Seite ist von Benutzereingaben abhängig. Wenn ein Kunde sich beispielsweise für ein Produkt und dessen Preis interessiert hat, wäre es kaum möglich, für jedes Produkt eine aktuelle statische Webseite bereitzustellen. Zudem sieht ja jede Seite anders aus, und so gäbe es sehr viele Seiten. Wenn sich die Produktbeschreibung ändert, müsste der Benutzer immer eine aktuelle Seite sehen. In diesem Fall ist es günstig, die Webseiten bei Bedarf zu erzeugen. Für Einkaufssysteme kommt eine weitere Eigenschaft hinzu: Der Benutzer bewegt sich über mehrere Seiten und verwaltet einen Warenkorb, der anwachsen oder schrumpfen kann.
- Daten ändern sich oft. Eine weitere Anwendung ergibt sich, wenn sich die Seiteninformationen ändern. Wie können wir die Anzahl der Benutzer, die bis dato auf eine Seite zugegriffen haben, darstellen? Oder: Wie reagieren wir, wenn Nachrichten oder Börseninformationen von einer Datenbank eintreffen und auf einer Webseite aktuell gehalten werden sollen? Dies wäre mit statischen Seiten nur unter großen Verrenkungen möglich.
Aus diesen Gründen wurden Schnittstellen eingeführt, wobei die bekannteste das Common Gateway Interface (kurz CGI) ist. Manche Hersteller haben für ihre Server eigene Schnittstellen definiert, Microsoft etwa ISAPI, eine Schnittstelle für den IIS (Internet Information Server). Alle Schnittstellen erlauben dem Webserver, externe Programme aufzurufen, die dann eine HTML-Seite generieren, die zurück zum Client geschickt wird.
20.1.1 Was sind Servlets? 

Auf der Serverseite laufen dann meist keine Java-Programme. Häufig übernehmen Skriptsprachen wie PHP, Python oder Perl die Aufbereitung der Daten. Servlets sind nun die Antwort auf CGI-Programme. Dabei sind Servlets aber nicht einfache Java-Programme, die mit dem Server kommunizieren, sondern eine eigenständige Entwicklung und Programme, die im Kontext des Webservers liegen. Wenn wir Java-Programme als normale Applikationen auf der Serverseite nutzen würden, müsste der Webserver immer dann, wenn eine dynamische Seite generiert wird, die JVM aufrufen und dann das Programm ausführen. Die Laufzeit wäre – das können wir uns denken – ziemlich schlecht. Eine Verbesserung bestünde darin, dass der Webserver eine JVM integriert, die immer läuft, und Objekte einzelne Verbindungen innerhalb der Java-Maschine bedienen. Genau das sind Servlets. Sie sind mit Applets vergleichbar. Ein Applet ist ein Java-Programm auf der Clientseite (im Browser), während ein Servlet ein Programm auf der Serverseite (im Server) ist.
Um eine Vorstellung davon zu bekommen, wie ein Servlet programmiert ist, werfen wir einen Blick auf ein einfaches Servlet:
Listing 20.1 com/tutego/web/servlet/SchnarchServlet.java
package com.tutego.web.servlet; import java.io.IOException; import javax.servlet.http.*; public class SchnarchServlet extends HttpServlet { @Override protected void doGet( HttpServletRequest req, HttpServletResponse res ) throws IOException { res.getWriter().println( "'Chr! Schnarch! Razong! Chr! Chr! Rapüh!'" ); res.getWriter().println( "(Disneys beste Comics, Band 5, S. 218)" ); } }
Das Paket java.net deklariert Klassen für die Clientseite, also den Aufrufer, wie ein Browser. Für Servlets der Serverseite ist das Paket javax.servlet reserviert.
20.1.2 Was sind JavaServer Pages? 

Servlets sind Server-Programme, die Webseiten erstellen, indem sie mit println() oder Ähnlichem HTML-Code in den Ausgabestrom schreiben. Ändert sich das Erscheinungsbild, dann muss das Programm umgebaut werden, was aufwändig und fehlerträchtig ist. In der Regel ist der Programmierer auch nicht der Designer, und dieser möchte mit Webseiten-Erstellungsprogrammen wie DreamWeaver oder Microsoft FrontPage arbeiten. In vielen dynamischen Programmen stecken oft nur ein oder zwei Zeilen Dynamik, der Rest ist statischer HTML-Code.
Eine JSP (JavaServer Page) geht das Problem genau umgekehrt an. Wo ein Servlet eine Java-Klasse ist, die sich um die Ausgabe des HTML-Codes kümmert, ist eine JSP eine HTML-Seite mit eingebettetem Java-Code.
Listing 20.2 datum.jsp
<html><body>
Hallo Nutzer. Wir haben heute
<%= new java.util.Date() %>.
</body></html>
Selbst eine normale Webseite ohne eingebettete JSP-Kommandos ist eine JSP.
Nun kann der Designer die Visualisierung der Informationen noch nachträglich anpassen, denn Visualisierung und Logik sind getrennt. Wie wäre es, wenn wir einem HTML-Designer einen Quellcode eines Servlets geben und ihn bitten, eine neue Spalte einzufügen?
Der JSP-Compiler
JSP-Skripte werden vom Server automatisch in Servlets übersetzt. Der Server weiß JSP von normalen HTML-Seiten zu unterscheiden und compiliert mit Hilfe eines JSP-Übersetzers daraus ein Servlet und stellt es dar. (Prinzipiell könnten JavaServer Pages auch andere Programmiersprachen einbetten, doch hat das Sun natürlich nicht vorgesehen.) Der Übersetzungsvorgang von JSP in ein Servlet muss dann nur einmal getätigt werden, danach benutzt der Servlet-Container direkt die übersetzte Klasse.